Selbsterlaubtes Glück
Aktualisiert: 17. Feb.
Erschrick nicht darüber, dass ich dich liebe. Ich liebe dich, weil du es verdienst.
Mein erster Gedanke war: Nein.
Moment mal, nein? Was war denn hier los?
Ich hatte zu dieser Zeit tatsächlich das Gefühl, es nicht verdient zu haben, ohne Wenn und Aber geliebt zu werden. Woher kam das? Warum sollte ich mir diesen schönen Zustand selbst nicht zugestehen, obwohl ich ihn allen anderen ständig wünschte und auch gönnte? Dieser Satz auf einem Post-it, geschrieben von einem Menschen, der mir Liebe gab, als ich sie mir nicht zugestand, rüttelte mich auf.
Dieses erste, schnelle Nein in mir erschrak mich und auf einmal fiel mir auf, warum ich mich so schwer damit tat, mich auf etwas Neues einzulassen.
Ich kämpfte mit mir selbst, stellte grundlegende Dinge in Frage, die mich als Person betrafen und schuf mir damit eine Grube, in der es sich ganz gut verkriechen ließ. Rückzug und Neubesinnung können gut sein. Aber tue ich das in einer Grube aus selbst erschaffenen, niederträchtigen Glaubenssätzen, sehe ich doch vieles nicht.
Natürlich spielen vergangene Situationen eine Rolle und diese neue mögliche Beziehung kam mir viel zu früh vor. Ich wollte Zeit alleine und ich wollte mich ausrichten, ohne eine andere Person einbeziehen zu müssen. Doch zeigte mir genau diese andere Person ein grundlegendes Problem bei meiner Selbstfindung: Ich gestand mir das Schöne nicht zu. Allen anderen, ja klar, da war ich großzügig. Aber bei mir dafür besonders geizig. Das heißt nicht, dass ich nichts Schönes tat, mir ging es an sich ganz gut in meinem Singleleben, ich reiste und machte viel mit Freunden und tat, worauf ich Lust hatte. Aber in Bezug auf das Lieben und Geliebt werden hatte ich eine seltsame Abwehr geschaffen, die ich so gar nicht wahrnahm.
Ich hatte es nicht verdient, geliebt zu werden. Ich wunderte mich selbst, als ich diese Worte für mich wiederholte. Als Frage, als Antwort, als These.
So zerschmetternd diese Erkenntnis auch war, so viele neue Fragen warf sie auf, mit denen ich dem Ursprung dieser Überzeugung näherkam. Welche Erfahrungen brachten mich dazu – und hierbei vor allem: Was löste diese Erfahrung an Gefühlen, Gedanken und Interpretationen in mir aus? Ich möchte damit nämlich nicht sagen: Person/Umstand XY hat mich Gefühl YZ fühlen lassen und deshalb bin ich jetzt verkorkst. Sondern ich konnte dadurch die damalige Situation mit ihren erlebten Emotionen neu ordnen. Es lag an mir, dass ich etwas in eine bestimmte Richtung ausgerichtet habe und somit lag es auch an mir, das in mir Entstandene zu hinterfragen und sogar zu relativieren.
Das ist doch der Knackpunkt: Wir verheddern uns in emotionalem und gedanklichem Chaos und glauben, alles um uns herum trage dazu bei, fertig. Ist eben so. Oder doch nicht?
Haben wir vielleicht immer die Macht, unsere Erfahrungen umzupolen, auch im Nachhinein? Wenn ich dem Anderen, egal ob einer Person oder einem Zustand, die Macht über meine Gefühle abspreche, dann kann ich viel leichter diese Gefühle abstreifen und mir sagen: Scheiße gelaufen, aber ich häng mich jetzt nicht dran auf und gehe weiter. Wir können Vergangenes nicht mehr ändern – aber unsere Einstellung dazu.
Ich sage nicht, dass es einfach ist. Aber man kann es üben. Und vielleicht gelingt es nicht gleich, aber mit Veränderungen verhält es sich eben wie mit Essen: Der Happen, der oben reinkommt, rutscht ja auch nicht gleich unten wieder raus. Da bleibt uns wohl nur noch eines: Geduld mit uns selbst und ab und zu eine Liebkosung, von uns für uns. Denn wir haben es verdient, wir alle. Auch du. Und ich. Amen.
(Ergänzung: dieser Text entstand 2019; ein Jahr später kam ich zum NLP (Neurolinuistisches Programmieren - Methoden zum Coachen) und mir wird beim Lesen meines eigenen Textes bewusst, wie ich bestimmte Techniken automatisch angewendet habe – rückwirkend Vergangenes neu zu gestalten. Willst du auch probieren? Dann melde dich😊)
