Der Weg der Suchenden - Schnuppern auf dem Jakobsweg
Aktualisiert: 17. Feb.
Es ist kein Vorurteil: Die Pilger auf dem Jakobsweg sind häufig auf der Suche. Sie suchen Antworten auf Fragen, die ihnen im alltäglichen Leben nicht gelingen wollen. Wenn der Kopf durch Job, soziale Verpflichtungen und Stadthektik den Gedankenkreis nicht zu durchbrechen vermag. Wenn die kleine Grübelei zwischendurch nicht ausreicht und einfach keine Entscheidung herbeifliegen will. Wenn alles irgendwie zu groß erscheint. Dann machen sich viele Menschen auf den Weg.
Auch ich war dort. Eigentlich nur, weil meine Cousine gerade da war und wir fanden, das sei eine tolle Gelegenheit, mal richtig Zeit miteinander zu verbringen. Doch wie schnell das Wandern den Geist beeinflusst, hat mich erstaunt. Vollkommen überladen von den vielen Eindrücken meiner begonnen Erasmuszeit, kam ich das erste Mal seit Langen in den Genuss wirklicher Ruhe. Der Geruch von Kiefernholz, der glitzernde Tau in der aufgehenden Morgensonne, das friedliche Zwitschern der Vögel – und durch all diese Wunder der Natur spazierten wir hindurch. Kilometer für Kilometer, von Dorf zu Dorf. Die ersten Schritte noch bevor die goldene Kuppel sich unter der schwarzen Decke hervor kämpfen konnte.
Während ich anfangs noch damit beschäftigt war, die Natur um mich herum regelrecht aufzusaugen, begann nach und nach ein Verarbeitungsprozess nach dem anderen. Das klingt jetzt ganz traumhaft und nach dem Motto: „Oh wow, ich lauf mal eben `nen Tag durch die Pampa und schon stellt sich ein Lösungsprozess ein!“ Weit gefehlt. Denn der Anfang besteht darin, überhaupt erst einmal alles aufkochen zu lassen. Zu entdecken, was da alles in einem schlummert. In diesen dreieinhalb Tagen war bei mir gerade die Oberfläche angekratzt. Die vielen wohltuenden Gespräche mit Julia haben bei der Reflexion sehr geholfen, aber die Zeit war viel zu kurz. Obwohl ich mir diese Wandererfahrung auch alleine sehr schön vorstelle, war ich doch sehr dankbar für eine Gesprächspartnerin, die mich schon kannte und der ich nicht alles von vorne erzählen musste. Wir waren „zu zweit allein“, jeder für sich in seiner Gedankenwelt und doch parat für den Schwall ausbrechender Ideen, Zweifel, Sorgen, Träume des anderen. Danke an dieser Stelle an dich, Julia, für diese wunderbare gemeinsame Erfahrung!
Ich kann nur jedem raten, einmal eine mehrtägige Wanderung zu sich selbst zu probieren. Die Stärke und Ausdauer seines Körpers zu spüren und sich mal wieder mit den „einfachen“ Dingen des Lebens zu beschäftigen: wo schlafe ich, wo esse ich, wie packe ich den Rucksack am geschicktesten, (wo kriege ich mehr Blasenpflaster her 😉).
(dieser Text entstand 2017 nach knapp 4 Tagen Camino Portugés - nur einen Monat später habe ich den Camino del norte 5 Tage alleine getestet - absolut schön! - Berge UND Meer zusammen...)
